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Der etwas andere Lebenslauf - Wie ich wurde, was ich heute bin: Coach für Karriere und Lebensweg

Ich bin ein Kind der frühen 70er Jahre, hineingeboren in eine Zeit voller Krisen, Umbrüche und Veränderungen. Davon bekomme ich freilich noch nicht viel mit, denn ich wachse behütet in einem idyllischen Vorort von Wien gemeinsam mit meinem Bruder auf, als braves und absolut angepasstes Mädchen, das tut, was man ihm sagt. Aber vielleicht wurde mir der Umgang mit Krisen und Veränderungen ja bereits damals schon mit in die Wiege gelegt.

 

Heute gehört die Begleitung von Veränderungsprozessen zu meinen Kernaufgaben, sowohl im Coaching als auch im Recruiting. Hier und jetzt schreibe ich meinen eigenen Lebenslauf, aber ein wenig kreativer, tiefer und umfassender als für eine herkömmliche Bewerbung:

 

Wie aus dem angepassten Mädchen ein Coach/eine Beraterin für Karriere und Lebensweg wurde. 

 

Meine 80er Jahre

Da ich eine ausgezeichnete Volksschülerin bin, darf ich weiter ins Privatgymnasium gehen, praktisch, dass dieses in meinem damaligen Wohnort angesiedelt ist. 8 Jahre lang absolviere ich hier eine allgemein höhere Ausbildung. Die ersten Jahre sind geprägt durch eine schwierige familiäre Zeit. Bei uns zu Hause tobt ein Rosenkrieg zwischen meinen Eltern, der darin gipfelt, dass meine Mutter in einer Nacht- und Nebelaktion die gemeinsame Wohnung verlässt, ich von heute auf morgen ein neues Zuhause habe und vor Gericht Stellung beziehen muss, wo ich denn nun lieber bleiben möchte, bei Mama oder Papa.

 

In dieser Zeit lerne ich aber auch meine beiden besten Freundinnen kennen, die mich bis heute auf meinem Lebensweg begleiten, sowie meinen ersten Freund. Dieses neu gewonnene Umfeld und das Lernen in der Schule geben mir Halt und Sicherheit. Ebenso wie der Sport, Tennis, Aerobic und Volleyball, und die Liebe zur Musik und den Tieren.

 

Die frühen 90er Jahre

Meine große Leidenschaft in den letzten Schuljahren ist das Fach Psychologie/Philosophie, grob gesprochen die „Lehre von der Seele“ und die „Liebe zur Weisheit“, ich möchte das Nicht-Physische und die menschliche Existenz verstehen und begreifen lernen. Ich maturiere in diesem Fach mit sehr gutem Erfolg und auch sonst fällt mein Schulabschuss, vor allem in den Sprachen, gut aus.

 

Gleich im Sommer danach jobbe ich zwei Monate in der Schweiz, verdiene mein erstes eigenes Geld, womit ich mir später einen Großteil meines Studiums finanzieren kann. Ich hätte gerne Psychologie studiert, doch meine Eltern haben ein Wirtschaftsstudium für mich vorgesehen. Nachdem ich immer noch ein sehr angepasstes Mädchen bin, beuge ich mich deren Wunsch und entscheide mich für den Schwerpunkt Personalmanagement. Das hat nach meinem Dafürhalten noch am meisten mit Psychologie zu tun.

 

Mit meinem damaligen Freund (und später auch ohne) reise ich viel, jobbe in den Ferien, meine bevorzugte Sportart bleibt das Tennis spielen.

 

Meine restlichen 90er Jahre

Beim Tennis spielen lerne ich auch meinen späteren Ehemann Manfred kennen, eine wunderbare Zeit beginnt. Wir studieren gemeinsam an der WU Wien, in den Ferien reisen wir als Backbagger mit low budget mit Freunden und alleine u.a. in diverse Städte in Europa, aber auch nach Mexiko, Guatemala, Thailand, Vietnam, Kambodscha, Venezuela, Sri Lanka und auf die Malediven. Eindrücke von anderen Kulturen, die ich nicht vergessen werde.

 

 

Meine Diplomarbeit schreibe ich über das Gleichbehandlungsgesetz von Frauen und Männern, ein Thema, das mir am Herzen liegt. Nach erfolgreich abgeschlossenem Wirtschaftsstudium (mit Schwerpunkt Personalwesen und Arbeitsrecht) führt mich meine erste Fixanstellung in einen koreanischen Autokonzern. Neben meinem fachlichen Know-How als Assistenz der Geschäftsleitung ist in dieser Position vor allem Fingerspitzengefühl und Empathie gefragt. Ich lerne in diesem Unternehmen viele wunderbare, ganz unterschiedliche Menschen kennen, mit einigen bin ich heute noch in Kontakt.

In dieser Zeit ziehe ich endgültig nach Wien zu meinem Freund in seine kleine Gemeindewohnung, im Tennisverein bin ich im Vorstand aktiv und übernehme die Teamführung der Damenmannschaft. Die Psychologie bleibt mir in Form von vielen Büchern erhalten, Stück für Stück lerne ich dazu.

 

Die 00er Jahre

Die Jahrhundertwende verbringe ich mit meinem Mann (damals noch Lebensgefährten) auf den Malediven, der Aufbruch in ein sehr ereignisreiches Jahrzehnt. Ende 2001 entscheide ich mich für einen Jobwechsel, ich möchte wieder mehr eintauchen in das Personalwesen und starte als Personalrecruiterin bei einem Telekom Unternehmen. Ich lerne sehr viel von meiner damaligen Kollegin, die zu diesem Zeitpunkt schon ein echter Profi ist. Anfang 2002 beginne ich berufsbegleitend mit einem Masterstudium Internationales Personalmanagement und Organisationsentwicklung an einer Privatuni in Wien.

 

Im Sommer 2002 werde ich (doch etwas unerwartet und mitten in meiner Ausbildung) schwanger und im Frühjahr 2003 kommt unser erster Sohn Florian zur Welt. Im Herbst 2003 geht ein Traum in Erfüllung: Als kleine Familie übersiedeln wir von einer 40m² Gemeindewohnung in Wien in eine Dachgeschosswohnung in Niederösterreich. Anfang 2004 bin ich wieder schwanger, im Juni 2004 heiraten wir und im August 2004 wird unser zweiter Sohn Sebastian geboren. Beruflich geht zu dieser Zeit gar nichts, ich bin in Karenz, unterschiedliche Modelle gibt es damals noch nicht, und ich gehe voll in meiner Mutterrolle auf.

 

 

Ende 2006 kehre ich in Teilzeit ins Arbeitsleben zurück, meine ehemalige Firma existiert nicht mehr, sie wurde aufgekauft. Alles ist anders, mein Aufgabengebiet und auch die Kolleginnen, eingegliedert in einen großen Konzern.

 

Anfang 2008 stirbt mein Vater, für mich relativ überraschend. Ausgelöst durch seinen Tod und ein kompliziertes Erbverfahren schwappt meine Kindheit wieder hoch. Mitten in der Wirtschaftskrise kündige ich Ende 2008, ohne einen neuen Job zu haben. Das Konzernumfeld tut mir nicht gut.

 

Daraus entwickelt sich Anfang 2009 eine veritable Ehekrise. Ich bin kurz davor, alles hin zu schmeißen, da empfiehlt mir ein Freund meines Mannes „Hilfe von außen“, eine externe Sichtweise, einzuholen. Ich starte alleine eine Eheberatung/ein Coaching mit dem Ziel einen guten Weg für eine Trennung zu finden. Es kommt anders (aber das ist eine eigene Geschichte), heute bin ich glücklich verheiratet. 

 

Was ich aus dieser Zeit als Coachee mitnehme, sind der eine Satz der Therapeutin „Alles ist da, Sie müssen es nur annehmen“ und der Buchtipp „Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest“ von Eva Maria Zurhorst. Beides verändert mein Leben. 

 

Mitte 2009 klappt es dann auch wieder mit einer neuen Anstellung, zum damaligen Zeitpunkt mein Traumjob.

 

Meine 10er Jahre

Bewusst habe ich nach einer Vollzeit Stelle gesucht und diese gefunden. Ich gehe voll auf in meiner neuen Position in der Personalverwaltung in einer Non Profit Organisation. Gemeinsam mit meiner damaligen Vorgesetzten und einer Kollegin baue ich diese Abteilung auf. Wir sind zuständig für das Recruiting und die gesamte Personalverwaltung. Ich kann hier all mein Wissen und meine Erfahrungen einbringen und vertiefe meine Kenntnisse durch diverse Weiterbildungen. Später übernehme ich die Leitung der Abteilung und führe ein Team von bis zu 4 Personen.

 

Innerhalb eines halben Jahres Ende 2014 bis Anfang 2015 versterben plötzlich meine Schwägerin (die Frau meines Schwagers) und mein eigener Bruder, beide viel zu jung. Zwei weitere mir nahestehende Personen versterben 2016. Eine Reihe von Schockerlebnissen für mich, eine Sinnkrise zeichnet sich ab.

 

Führungsposition und Kinderbetreuung unter einen Hut zu bekommen wird immer schwieriger, ständig ist das schlechte Gewissen da, irgendetwas von beidem zu vernachlässigen, in welche Richtung auch immer. Meine Jungs sind in einem Alter, wo sie sehr aktiv sind. Organisation von Arbeit, Schule und Freizeit (Fußballplatz, Schachturniere, Tennismeisterschaft uvm.) verkürzen meine Eigenzeit sehr. Ich spüre immer mehr die Belastung und den Stress. Wir bekommen im Unternehmen die Möglichkeit, Shiatsu Massagen in Anspruch zu nehmen, ein weiterer Game Changer in meinem Leben. Ich kann dabei so wunderbar abschalten, dass ich mehr dazu erfahren möchte. Ich will mich auch beruflich wieder weiter entwickeln, mehr in Richtung Psychologie und Personalentwicklung. Durch interne Umstrukturierungen lässt sich mein Wunsch in meinem damaligen Unternehmen allerdings nicht umsetzen. 

 

Ich spiele mit dem Gedanken, eine Auszeit zu nehmen – Bildungskarenz - relativ rasch treffe ich die Entscheidung und mein Arbeitgeber willigt ein. Ich absolviere eine Ausbildung zur Shiatsu Praktikerin und einen Lehrgang für Coaching und Lebens- und Sozialberatung nach systemischem Ansatz. In diesem Jahr lerne ich so unheimlich viel über Shiatsu, die TCM als Lebenskonzept, über Systemisches Denken, Konstruktivismus, Probleme und Lösungen, Empathie und Spiegelneurone, Kommunikation, Fragetechniken, die Wunderfrage, Perspektivenwechsel, Hypnose, Ressourcenarbeit, Methoden wie Systembrett oder Bodenanker, aber vor allem über mich SELBST. Und wieder ist der Satz „Annehmen, was da ist“ die prägende Botschaft.

 

2017 - der Schritt in die Selbständigkeit

Ein sicheres und zum größten Teil auch sozial agierendes Unternehmen zu verlassen ist damals eine absolute Bauchentscheidung, rational keinesfalls nachvollziehbar. Rückblickend bin ich auch sehr dankbar für diese lehrreiche Zeit. Ich konnte mich dort sowohl beruflich als auch persönlich weiterentwickeln und habe viele großartige Menschen kennen gelernt, zu denen ich immer noch Kontakt pflege. Aber ich weiß zu diesem Zeitpunkt auch, ich will nicht mehr zurück.

 

Ich stehe vor der Frage „Wie geht es weiter?“ Der Entschluss reift in mir, mich als Coach selbständig zu machen, selbstbestimmt zu arbeiten, nach meinen eigenen Vorstellungen. Zweifel kommen hoch. Kann ich das, darf ich das? Was werden die anderen sagen? Das kleine angepasste Mädchen in mir hat solche Angst Fehler zu machen und nicht mehr geliebt zu werden, die erwachsene Christiana nimmt es bei der Hand und wir springen gemeinsam in dieses neue Abenteuer. 

 

Nach einer Schulungsphase gründe ich am 20.11.2017 als Coach mein eigenes Unternehmen MARIPOSA Consulting, im März 2018 entschließe ich mich zur Zusammenarbeit mit Otti & Partner Personalberatung (www.otti.at), um auch in meinem geliebten Recruiting wieder aktiv und präsent zu sein. Und am 08.09.2019 geht mein erster Blog Artikel Es ist nie zu spät, das zu werden, was man hätte sein können online. Ich bin voller Ideen und möchte die Welt verändern, meine große Vision ist es, der Businesswelt ein weiblicheres Gesicht zu geben, weibliche Werte auch dort in vollem Umfang zum Leuchten zu bringen. Der Blog Die Zukunft der Arbeitswelt - mein persönlicher Überblick (Erstversion 10/2019, update 10/2022) beschreibt meine Sichtweise dazu, wo die Arbeitswelt derzeit gerade steht.

 

Beginn der 20er Jahre

Start eines neuen Jahrzehnts, ich blicke zurück auf zwei Jahre Selbständigkeit und Unternehmertum, ich reflektiere und richte mich neu aus, meine Gedanken dazu sind nachzulesen in Frau sein 2020 - die Entdeckung der neuen Weiblichkeit?

 

Dann kommt Corona und hinterlässt auch Spuren in meinem Business und in meinem Leben. Mein Blog schläft ein, andere Dinge sind wichtiger. Mehrmals wechseln Phasen der Innenschau, Neustart, Rückzug, Wieder-Loslegen. Ich denke, ich bin in meiner eigenen Midlife Crisis angekommen. Im November 2021 feiere ich meinen 50. Geburtstag, schon irgendwie ein magisches Datum, das was mit dir macht. Kann mir mein eigener Blog Artikel Midlife Krise - Gefahr oder Chance? da heraushelfen?

  

Ja, denn das Leben ist ein ständiger Prozess, ein Weg, eine Reise, die wir alle gehen, in Zyklen, mal schneller und mal langsamer. Und es ist gut so, wie es ist. ANNEHMEN, WAS DA IST. Und dann damit wieder weitergehen. Ich tauche ein in die Online Welt und buche mehrere Kurse und Coachings, wo ich wieder Neues lernen und mich weiterentwicklen kann.

 

Im September 2022 stirbt meine Mutter, ein irdisches Leben geht zu Ende. Ich darf sie an ihrem Sterbebett begleiten. Der Körper stirbt, die Seele bleibt. Ein Kreis schließt sich und ein neuer darf sich öffnen.

 

JETZT

Heute kann ich auf 50 Jahre Lebenserfahrung zurückblicken und feiere

  • 50 Jahre Weiblichkeit
  • 40 Jahre „Mädels“-Freundschaft
  • 28 Jahre Partnerschaft und 18 Jahre Ehe
  • 19 Jahre Mutter sein
  • 5 Jahre eigenes Business und 50 Jahre Lebensunternehmerin 

Mein eigenes Unternehmen Mariposa Consulting feiert im November den 5 Geburtstag. Coaching und Recruiting sind noch immer meine großen Leidenschaften. Ich bin gerade wieder in einer Restart Phase und habe noch so viele Ideen als Coach für Karriere und Lebensweg und in der Personalberatung. 

 

Herausforderungen gibt es genug, lass uns anfangen … JETZT, denn es ist nie zu spät … für den nächsten Schritt.

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Kommentare: 4
  • #1

    Silke (Montag, 24 Oktober 2022 21:04)

    Wow, was für ein Leben(slauf)! Wunderbar und so toll geschrieben! Fühle mich mit hineingenommen, entdecke auch Teile von meinem Leben darin. Danke für die Inspiration - immer wieder neue Wege gehen, neue Chancen ergreifen, dranbleiben, und neues entdecken, sich trauen und nicht vergessen, das Leben zu feiern!

  • #2

    Uschi (Mittwoch, 26 Oktober 2022 20:39)

    Wirklich ein sehr persönlicher und inspirierender Lebenslauf und ich bin froh, vieles davon "live" mitbekommen zu haben. Auf die nächsten spannenden gemeinsamen Hoch und Tiefs!!

  • #3

    Andrea (Donnerstag, 27 Oktober 2022 09:09)

    Liebe Christiana,

    deine Worte berühren mich sehr und ich bin sehr dankbar für unsere gemeinsam Zeit! Es war in den letzten 22 Berufsjahren die beste berufliche Zeit von allen!
    Vor ca. 12 Jahren hast du mir ein Buch geschenkt und ich habe es unglaublicherweise erst in dies m Jahr gelesen-doch es hat mein Leben verändert-ich danke dir sehr dafür! Liebe dich selbst und ich ist egal wen du heiratest!

    Alles Liebe und Gute Andrea

  • #4

    Christian Ernst (Donnerstag, 27 Oktober 2022 20:59)

    Liebe Christiana,
    bin eher zufällig (via LinkedIn) auf deinen sehr persönlichen Blog / Lebenslauf gestoßen. Ich bin sehr beeindruckt, wie du mit Veränderungen umgegangen bist bzw. diese angenommen hast. Wirklich sehr inspirierend für mich persönlich und hinsichtlich sämtlicher verhaltenspsychologischer, betriebswirtschaftlicher und organisatorischer Aspekte.
    "Change is the only constant"
    Liebe Grüße, Christian